Corona in der Wellblechhütte – ein Lagebericht aus Namibia

Die COVID-19 Pandemie hat die gesamte Welt seit nun zwei Jahren fest im Griff. Doch im Wirbel der nationalen Neuigkeiten und Regeländerungen, gesprenkelt mit ein paar internationalen Highlights, geht die Situation vieler Länder unter. In einem Gespräch mit dem Namibier Christiaan Cronjé werden Probleme deutlich, die man sicher als Bewohner eines erste Welt Landes wie Deutschland nicht ausmalen kann.

Auf die einleitende Frage „Wie ist die aktuelle Corona Situation in Namibia?“ antwortet Christiaan Cronjé mit einem leichten Grinsen: „Es gibt hier kein Corona“.

Damit meinte er allerdings nicht, dass die Fallzahlen des afrikanischen Staates besonders niedrig wären, oder die Impfquote beeindruckend hoch, sondern dass die Krankheit, die in Europa aus keiner Titelzeile mehr wegzudenken ist, schlicht und einfach keine zentrale Rolle im Leben der Namibier spielt. Dabei bezog er sich vor allem auf den Teil der Bevölkerung, der unter der Armutsgrenze in den sogenannten Slums lebt. Denn die auch von Namibia übernommen Gesundheitsmaßnahmen, wie die Selbstisolation ist unter solchen Lebensumständen nicht umsetzbar.

„Die empfohlenen Maßnahmen sind für Länder aus der ersten Welt gemacht.“, so Cronjé. Wenn sich eine Familie mit bis zu zehn Mitgliedern eine Wellblechhütte teilen muss ohne fließend Wasser oder Strom, führt eine häusliche Quarantäne höchstens dazu, dass die Krankheit mit hoher Wahrscheinlichkeit auch an die Verwandten weitergegeben wird. Aber nicht nur Gründe wie dieser führen zu einem Alltag, dessen Dreh- und Angelpunkt nicht die Lungenkrankheit ist. Auch die allgemeine Einstellung der Bevölkerung zu Krankheiten ist eine andere, als wir es in Europa gewohnt sind. AIDS und Tuberkulose sind keine vereinzelten Schicksale, der Preis, der gezahlt werden muss, um sich laut Vorschriften vor COVID-19 zu schützen ist damit oft zu hoch. Ein soziales Sicherheitsnetz gibt es in Namibia nicht. Kein Job bedeutet automatisch kein Einkommen. So ist es nicht verwunderlich, dass oft jeder möglichen Arbeit nachgegangen wird. Wie in fast jedem Land, hat auch die namibische Wirtschaft gelitten in den letzten Monaten, vor allem der Tourismussektor. Aber anders, als beispielsweise in Deutschland, war es dem Großteil der arbeitenden Bevölkerung nicht möglich ins Homeoffice zu gehen. Denn oft gibt es nicht mal ein richtiges „Home“.

Dieser Austausch allein hat mal wieder die Wichtigkeit aufgezeigt von dem, was für viele von uns so selbstverständlich ist: ein Dach über dem Kopf mit entsprechenden Notwendigkeiten wie Wasser, Strom, genügend Platz und auch Sicherheit.

Es geht nicht nur darum, ein Gebäude zu bauen, sondern einen essentiellen Teil zum großen Ganzen eines menschenwürdigen Lebens beizutragen.

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